TOURENBESCHREIBUNG
Von
Les Houches, bei Chamonix, fahren wir mit der Kabinenbahn hinauf nach
Bellevue auf 1790 m, der Station der Montblanc-Zahnradbahn. Die Bahn führt
zur Endstation Nid d’Aigle auf 2.372 m. Wir haben das Pech, dass die
Bahn gerade an diesem Tag nicht funktioniert, so müssen wir mit unseren
schweren Rucksäcken die vorgesehene Aufstiegszeit zur Tête Rousse Hütte
fast verdoppeln. Von der Bergstation der Bellevue Seilbahn folgen
wir dem Hinweisschild nach Nid d'Aigle - zuerst über einem sanft
ansteigenden Steig, dann einfach dem Geleise der Zahnradbahn entlang bis
zur Endstation. Von hier führt ein problemloser Weg zur Tête Rousse Hütte
auf 3.167 m, wo wir übernachten. Die Hütte ist klein, ungemütlich und
überfüllt. Die Höhe eignet sich aber für eine gute Akklimatisation,
zudem ist es sinnvoller die heikle Querung des „Todes-Couloirs“ in
der Früh zu machen. (Aufstiegszeiten: Bellevue-Nid d'Aigle 2 Std.; Nid
d'Aigle - Refuge de Tête Rousse ca. 2½ Std.)
Nach dem Frühstück geht’s los! Erst jetzt beginnt das eigentliche
Bergsteigen und dieser Abschnitt ist wohl der Heikelste der gesamten
Montblanc Tour. Zuerst ist die Querung des Grand Couloir zu bewältigen:
Fast ununterbrochen donnern hier Steine verschiedener Größe herab und
es gibt oft schwere Unfälle (unbedingt Helm aufsetzen!). Danach geht es
über eine Felskante steil hoch. In den steilsten und ausgesetztesten
Passagen sind immer wieder Stahlseile fixiert, sodass man mit einer
Selbstsicherung alleine recht gut voran kommt. Ganz oben, an der
Felskante, glitzert das Blech der Goûter Hütte. Die offizielle Kapazität
der Hütte ist von ca. 120 Plätzen, in der Regel sind es aber noch
soviel. Gleich hinter der Hütte beginnt der Gletscher und in einer schönen
Mulde, auf etwa 3850m, können wir unsere Zelte aufstellen: Welch ein
zauberhafter Ort, voller Stimmung, Licht, Ausblick ... und Stille!!!
Vergessen ist die schwere Last der Rucksäcke! Aufstiegszeit Tête
Rousse - Goûter Hütte: ca. 3 Std.
Die Wetterprognosen für den nächsten Tag sind nicht besonders gut.
Tatsächlich, gegen Abend wird es immer schlechter und die bunten Zelte
verschwinden im trüben Weiß von Nebel und Gletscher. Die ganze Nacht
peitscht ein kalter Wind unsere Zelte. Einige von uns liegen sogar im
Freien im Biwaksack: brrrrrrrr!!!
Am späten Morgen starten wir trotz ungünstiger Verhältnisse Richtung
Dôme du Goûter in der Hoffnung, dass es aufreißt. Doch kurz unterhalb
von der Vallot Hütte zwingen uns der Nebel und der starke Wind zur
Umkehr. Es war eine gute Erkundungs- bzw. Akklimatisationstour. In
unserem Camp zurückgekehrt, kommt aber bald gute Stimmung auf, denn das
Wetter reißt auf und eine verzaubernde Abendstimmung mit
Sonnenuntergang verwandelt den Ort in eine himmlische Lichtung! Nun sind
wir uns sicher, dass wir in der Nacht starten können und höchstwahrscheinlich
auch noch den Sonnenaufgang vom höchsten Punkt der Alpen erleben können.
Die Nacht ist kurz und die Meisten schlafen tief in den kleinen Zelten,
die von den glitzernden Sternen leicht erhellt sind. Der Wind hat sich
deutlich beruhigt. Alles deutet auf eine super Tour. "Polepole",
schön langsam, starten wir gegen 0.45 Uhr und steigen über die sanften
Gletscherhänge des Dôme du Goûter auf. Stellenweise erscheint wie ein
starker Scheinwerfer der Mond und erhellt uns den Weg. Am Dôme du Goûter
wird es flach und zum ersten Mal können wir die mächtige eisgepanzerte
Kuppe des Montblanc erblicken. Ein Traum mitten in der Nacht! Kurz
nach dem ersten Aufstieg kommen wir zum Vallot Biwak auf 4350m, wo wir,
wie vereinbart, eine kurze Rast machen. Zeitlich müsste alles passen,
es ist 03.00 Uhr und es fehlen noch gut 2½ Stunden bis zum
Sonnenaufgang am Gipfel. Von hier wird die Tour anspruchsvoller: Das Gelände
wird steil und wir müssen immer wieder kurze, teils ausgesetzte
Gratpassagen überwinden. Ganz oben, auf der letzten scharfen und
luftigen Schneide, kommt ein starker Wind auf, der uns einige
Schwierigkeiten bereitet. Für die Meisten gibt es am Gipfel nur ein
eiliges Berg Heil, denn der Wind und die Kälte sind fast unerträglich.
Für die Fotografen aber heißt es noch 5-10 Minuten aushalten, ehe dann
das faszinierende Schauspiel des Sonnenaufganges vom Dach der Alpen
beginnt! Juhuuuuuu!!! Guten Morgen liebe Sonne ... und mancher lässt
sich tief durchlichten, ein Licht, das man für immer in sich aufbewahren
wird!
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